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Von Herz zu Herz

Die schneebedeckte Straße war kalt und völlig verlassen. Wenn ich mich richtig erinnere, war es mitten im Winter, vor langer Zeit, in dem kleinen Fischerdorf am Ufer des früheren Zuidersees, wo ich damals wohnte. Die hübsche Turmuhr schlug neun klangvolle Schläge durch die rabenschwarze Finsternis. Von Nebelschwaden hin- und hergetragen, schwang der Schall noch einen Augenblick nach, ehe er sich in der Endlosigkeit verlor. Häuser und Schiffe hatten fremde geheimnisvolle Formen angenommen; der weiche Schimmer einer Gaslaterne warf einen verschwommenen Lichtschein auf die Fassaden der Häuser und schuf bizarre Schatten, die durcheinander zu tanzen schienen und abwechselnd heller und dunkler wurden. Die Geräusche des Alltags waren fast ganz verschwunden. Dann aber, in der Stille, konnte man - erst noch weit entfernt, aber allmählich durch die Winternacht näherkommend - die fast magischen Schreie von Scharen von Wildgänsen hören, die vorüberflogen. Es ist ein Schrei, der eine andere Bewußtseinsdimension stimuliert, die man zuweilen stark empfinden kann.

Wir mögen uns sehr wohl fragen, was uns daran so berührt, daß wir nach oben schauen und so intensiv zuhören. Ist es nicht die Essenz jenes GEISTES, der durch die Unendlichkeit vibriert und die Ursache des ehrfurchterweckenden strahlenden Firmamentes ist, auf den diese Vögel ebenfalls reagieren, und von dem sie auf ihrem Zug geleitet werden? Und setzt er nicht auch in der Tiefe unseres Herzens eine Seelensaite in Schwingung, so daß wir blitzartig die Einheit allen Seins empfinden? Wir wissen dann mit Sicherheit, daß selbst das Kleinste nicht gestört werden kann, ohne das Größte zu beeinflussen, und daß der Verursacher die Folgen ernten muß, die er verdient hat.

Die wirkliche universelle Einheit von allem sichtbaren und unsichtbaren Leben ist eine sehr, sehr alte Vorstellung, die jetzt wiedererstand, aufgrund einer tiefempfundenen Sehnsucht in der menschlichen Seele, ob wir uns ihrer bewußt sind oder nicht. Indem sich die Herzen direkt berühren, bewirkt sie die Veränderung der falschen Vorstellung, die wir uns gebildet haben, daß "ich anders bin und besser als Du." Die Realisierung dieses Wunders in eine lebendige Kraft zwischen uns, erscheint hoffnungsvoller als je zuvor. Mit ihrer Hilfe und mit berechtigtem Selbstvertrauen werden wir das gegenseitige Vertrauen und die gegenseitige Achtung - sowohl zwischen den einzelnen Menschen als auch zwischen den Völkern - wiederherstellen und in der Zukunft verstärken. Eine spontane und reinigende Verbindung, mit oder ohne Worte, wird vor allem anderen dazu beitragen, die Menschheit zu einigen, anstatt die Menschen voneinander zu trennen.

Durch unseren freien Willen sind wir hierzu imstande, wenn wir nur wollen, weil jeder Mensch, der sich dafür öffnet, geführt werden kann, durch den GEIST - das große Mysterium -, das wir das Göttliche nennen und von dem ein unzerstörbarer Kern in uns ist, der von Johannes als das innere Licht beschrieben wird.

Im letzten Viertel des zwanzigsten und am Beginn des einundzwanzigsten Jahrhunderts bestehen inmitten einer katalytischen Finsternis und Unruhe große Herausforderungen und Möglichkeiten, denn gerade "wenn die Nacht am dunkelsten ist, strahlen die Sterne am hellsten." Die Essenz des Lichtes des "Sterns" in jener Stille und Ruhe harrt in der Tiefe unseres Herzens.