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Zyklische Eindrücke und deren Wiederkehr

Zusammengefaßt aus einem Referat mit dem Titel "Cyclic Impression and Return and Our Evolution" ("Zyklische Eindrücke, deren Wiederkehr und unsere Evolution"), das von Mr. Judge anläßlich der 6. Jahres-Konvention der amerikanischen Theosophen in Chicago, Illinois, am 24.-25. April 1892 vorgetragen und in Theosophy, Band XI, Januar, Februar und März 1897 veröffentlicht, bzw. in Echoes of the Orient (Echos aus dem Orient) von Dara Eklund als Bearbeiter nachgedruckt wurde.

 

 

 

Was ist ein Zyklus? Es ist ein Kreis, ein Ring. Er ist jedoch nicht wie ein Trauring, der in sich selbst übergeht, sondern mehr wie das Gewinde einer Schraube, das die Form einer Spirale annimmt, also unten beginnt und sich um sich selbst nach oben dreht.

Was meinen wir nun mit einem Zyklus, wenn wir die Natur, den Menschen oder die alten Kulturen erforschen? Wir meinen mit einem Zyklus genau das, was die Ägypter, die Hindu und die Philosophen des Mittelalters sagten: daß es eine periodische Wiederkehr oder einen Kreislauf gibt, der etwas wieder an denselben Ort bringt, von wo es ausging. Wir sprechen deshalb von einem Zyklus, weil er anscheinend zu sich selbst zurückkehrt; doch in den alten Lehren ist dann alles stets ein wenig höher im Sinne der Vollkommenheit oder des Fortschritts.

Das zyklische Gesetz herrscht überall. Es behauptet sich in jedem Naturreich, im Tierreich, im Mineralreich und in der menschlichen Welt; in der Geschichte, am Himmel und auf der Erde. Zyklen haben nicht nur Geltung für die Erde, auf ihr und für ihre Bewohner, sondern auch in den drei Reichen des Universums, wie es die Hindu nannten, in den drei Welten: die unter uns, unsere eigene und die Welt über uns.

Die Alten kannten viele große und wichtige Zyklen. In ihrer Klassifikation hatten sie einen Saros und einen Naros, die heute von uns nicht mehr verstanden werden. Die Ägypter lehrten, daß es einen großen siderischen Zyklus von 25.000 Jahren gebe. Dieser große Zyklus beruhte auf der Tatsache, daß die Sonne in dieser Zeit durch die Tierkreiszeichen geht. Anders ausgedrückt, die Sonne geht Tag für Tag und Jahr für Jahr durch die Tierkreiszeichen, aber gleichzeitig, während sie diese durchläuft, geht sie wahrnehmbar langsam zurück, so wie die Zeiger einer Uhr die Zeit anzeigen. Wenn man sich vorstellt, daß die Sonne am ersten April dieses Jahres in einem bestimmten Grad des Widders, dem ersten Tierkreiszeichen war, so wird sie erst wieder in dieses Zeichen eintreten, wenn 25.000 Jahre vorübergegangen sind. Das nennt man das Vorrücken der Tagundnachtgleichen.

Nun ist die Sonne der Mittelpunkt unseres Sonnensystems, und die Erde kreist um sie, und während die Erde sie umkreist, dreht sie sich um ihre Achse. Während wir nun um die Sonne kreisen, dreht diese sich um ein anderes Zentrum, so daß wir am Himmel nicht einen Kreis um die Sonne beschreiben, sondern eine Spirale, da wir uns mit der Sonne um deren Umlaufbahn bewegen. Dieser Gedanke ist sehr wichtig, denn er verleiht dem allem ein viel größeres Ausmaß. Es gibt da einen Stern irgendwo am Himmel, wir wissen nicht wo - einige glauben, es ist Alcyone, andere meinen, es ist vielleicht ein Stern in den Plejaden, wieder andere meinen, es ist ein Stern an einer anderen Stelle -, aber sie erkennen durch Schlußfolgerung vom Bekannten zum Unbekannten, daß die Sonne von einem unbekannten Mittelpunkt angezogen wird und daß sie sich in einem ungeheuer großen Kreis um diesen dreht, und während sie sich so dreht, zieht sie natürlich die Erde mit.

Wenn die Sonne also wieder an die Stelle im Widder zurückkommt, durch die sie am 1. April dieses Jahres ging, so wird sie nicht an genau derselben Stelle im Raum sein, sondern irgendwo anders, und bei ihrer Reise von 25.000 Jahren durch Milliarden und Abermilliarden Meilen zieht sie die Erde in Räume, in denen sie nie zuvor war und nicht wieder hinkommen wird, solange sie diese Erde ist. Die Sonne muß die Erde in kosmische Räume ziehen, in welchen die Verhältnisse anders sind. Dadurch werden auf der Erde Veränderungen hervorgerufen, denn Veränderungen in der kosmischen Substanz der Atmosphäre, in dem Raum, in den die Sonne die Erde mitführt, müssen die Erde und alle ihre Bewohner beeinflussen.

Die Ägypter hatten auch den Mondzyklus, wie wir ihn kennen, aber sie hatten mehr Mondzyklen als wir, denn der Mond hat nicht nur den Zyklus von 28 Tagen, wenn er vom Vollmond zum Abnehmen und dann wieder zum Zunehmen wechselt, sondern es gibt auch einen regelmäßig wiederkehrenden Zyklus des Mondes nach ungefähr 14 Jahren, was wiederum eine Wirkung auf die Erde haben muß.

Die alten Ägypter sind verschwunden und haben nichts zurückgelassen als die Pyramiden, die Tempel von Theben, die Sphinxe und all die großen Grabdenkmäler, die nach und nach von uns entdeckt werden. Wo sind sie hingegangen? Sind sie zurückgekommen? Sind sie die heutigen Kopten in Ägypten? Das glaube ich nicht. Wir nehmen an, daß die alten Ägypter mit den alten Hindu zusammenarbeiteten, deren Nachkommen noch da sind und wenigstens zum Teil das Wissen ihrer Vorfahren bewahren; man kann beobachten, daß die Hindu immer dieselben Theorien über die Zyklen hatten wie die Ägypter.

Die Lehre von den Zyklen kam aber von den Hindu und wurde durch die Völker überbracht, die sich von dort ausbreiteten; denn es wird allgemein anerkannt, daß das Land Hindustan die Wiege der Rasse ist. Wir können feststellen, daß die Christen, die Römer, die Griechen und alle Völker jener Zeit dieselben Lehren über die Zyklen hatten. Das bedeutet, daß das Gesetz der Zyklen überall verbreitet ist. Wir finden es in den alten Mysterien, bei den christlichen Mystikern, bei den Mystikern des Mittelalters und bei denen, die uns zeitlich näher stehen. Wenn man die Werke von Higgins liest, der die Anacalypsis schrieb, so findet man dort mühsame Kompilationen (Zusammenstellungen aus anderen Werken) und Nachforschungen über das Thema Zyklen. Bestehen sie wirklich? Gibt es so etwas wie einen Zyklus, der auf das menschliche Geschick einwirkt?

Wenn wir unser eigenes persönliches Leben näher betrachten, dann können wir sehen, daß Zyklen wirksam sind und wirksam sein müssen, denn die Sonne geht am Morgen auf und steigt zum höchsten Punkt des Himmels, dann geht sie im Westen unter; am nächsten Tag tut sie dasselbe, und wir folgen ihr nach und tun das gleiche, wir stehen auf, erreichen den höchsten Punkt unserer Aktivität und gehen schlafen. So folgt der Tag der Nacht und die Nacht folgt dem Tag. Das sind Zyklen, kleine Zyklen, aber sie sind die Grundlage für die größeren. Wenn man die Natur betrachtet, sieht man, daß es Sommer und Winter, Frühling und Herbst gibt. Das sind Zyklen, und jeder Zyklus wirkt auf die Erde mit ihren Menschenwesen ein.

Die esoterische Lehre, die innere Lehre, die man in jeder alten Literatur und in jedem religiösen Buch finden kann, besagt, daß das zyklische Gesetz das oberste Gesetz ist, das unsere Entwicklung beherrscht. Nach der esoterischen Lehre ist bei der Wiederverkörperung das zyklische Gesetz voll wirksam und ist das höchste Gesetz. Denn was ist Reinkarnation anderes als ein Wiederzurückkommen ins Leben; das ist genau das, was die alten Ägypter lehrten, wobei es einleuchtet, daß es tatsächlich so ist, denn auf keine andere Weise als durch dieses Gesetz der zyklischen Wiederverkörperung können wir die uns bedrängenden Probleme des Lebens erklären. Damit erklären wir unseren eigenen Charakter. Jeder ist verschieden vom andern, und die Kraft, mit der er ausgestattet ist, ist für jede einzelne Person charakteristisch.

Wenn dies das oberste Gesetz ist, müssen wir noch ein anderes betrachten, das diesem verwandt ist - nämlich das Gesetz der Wiederkehr der Eindrücke. Damit soll gesagt sein, daß die ausgeführten Handlungen und Gedanken einen Eindruck hinterlassen. Das bedeutet z. B.: Die Tatsache, daß Sie zu dieser Versammlung gekommen sind, erzeugt in Ihrer Natur einen Eindruck. Wenn Sie auf der Straße gehen und den Straßenlärm wahrnehmen, so hinterläßt das einen Eindruck. Wenn Sie letzte Woche mit jemandem einen Streit hatten und sehr zornig wurden, so entsteht ein Eindruck in Ihnen, und dieser Eindruck ist dem zyklischen Gesetz ebenso unterworfen wie der Mond und die Sterne und die Welt, nur ist er für Ihre eigene Entwicklung viel bedeutsamer - für Ihre persönliche Entwicklung oder Evolution - als alle diese anderen großen Dinge, denn die großen wirken auf Sie im ganzen, während die kleinen Sie mit allen Einzelheiten beeinflussen.

Was die Zyklen und die Evolution der menschlichen Rasse betrifft, so ist das folgendermaßen zu erklären: Stellen Sie sich vor, daß, bevor die Erde aus ihrem gasförmigen Zustand heraustrat, es irgendwo im Raum eine Erde gab - wir wollen sie den Mond nennen, denn das ist die genaue Lehre. Der Mond war einst ein großer und lebendiger Körper voller Lebewesen. Er lebte sein Leben, ging durch seine Zyklen, und nachdem er sein Leben nach riesigen Zeiträumen hinter sich gebracht hatte, kam der Augenblick, wo er sterben mußte. Das heißt, der Augenblick kam, als die Lebewesen auf jener Erde diese verlassen mußten, weil ihre Zeit abgelaufen war - und da begann der Auszug (exodus) von jener Erde. Man kann es sich wie den Flug von Zugvögeln vorstellen.

Als ich noch ein Junge in Irland war, ging ich öfters zum Haus meines Onkels; dort gab es am Ende des Gartens eine alte große Steinruine, und weil besondere Umstände zusammentrafen, versammelten sich dort die Schwalben aller benachbarten Grafschaften. Wenn die Zeit herankam, konnte man sie überall am Himmel heranfliegen sehen. Sie ließen sich dort nieder und zwitscherten den ganzen Tag lang auf diesem Steinhaufen und flogen umher. Wenn die Dämmerung kam, stiegen sie gemeinsam in die Höhe und formten einen riesigen Kreis von über 40 Fuß Durchmesser. Eine Stunde oder zwei flog dieser Schwalbenkreis immerzu am Himmel rund um den Turm. Sie zwitscherten dabei laut und zogen dadurch Schwalben aus anderen Gegenden an, die wahrscheinlich die Veranstaltung vergessen hatten.

Das taten sie mehrere Tage lang, bis eines Tages die Stunde kam, zu der sie fort mußten; und sie flogen ab - einige kamen hintennach, einige waren etwas zu früh da, und einige kamen zu spät. Andere Vögel wandern auf andere Art. Und so wanderten die menschlichen Vögel vom Mond zu der Stelle, wo die Erde entstand (ich weiß nicht wo - ein Ort im Raum), und ließen sich als lebende Wesen nieder, als Entitäten, noch ohne Körper, aber Wesenheiten. Sie ließen sich auf dieser Anhäufung von Materie nieder, an dem betreffenden Punkt im Raum, und erfüllten ihn mit Leben und veranlaßten schließlich, daß die Erde ein kugelförmiger Körper wurde mit lebendigen Wesen darauf. Und dann fingen die Zyklen an zu wirken, denn die Eindrücke, die auf diese Lebewesen eingewirkt hatten, als sie in der früheren Zivilisation auf dem Mond lebten - dem Verstand ist es nicht möglich, sich vorzustellen, wie lange -, diese Eindrücke kehrten wieder zurück, als sie auf diese Erde kamen.

Das ist in großen Umrissen die Lehre; darin eingeschlossen ist die Lehre von den Rassen, den großen sieben Rassen, die nacheinander die Erde bewohnten, die großen sieben Adame, die die Erde bevölkerten. Und zuletzt, wenn die Erde ans Ende ihrer Lebenszeit kommen wird, an das Ende ihrer Periode, dann werden alle ihre Lebewesen fortfliegen an irgendeinen anderen Ort im Raum, um neue Welten in anderen Räumen des Weltalls hervorzurufen. Wir tun dies nicht ziellos. Es wurde schon früher von anderen getan - niemand weiß, wann es begann.

Wir können die Zyklen in ihrem Lauf nicht zurückdrehen. Wir sind durch die zyklischen Gesetze aus den niedersten Naturreichen heraufgekommen, d. h. wir sind in einer Bruderschaft verbunden, die nicht nur die weiße Menschheit der Erde, die schwarzen und die gelben Völker in sich einschließt, sondern auch das Tierreich, das Reich der Pflanzen, der Minerale und das unsichtbare Reich der Elementale. Diese Bruderschaft umfaßt alles, jedes Atom in diesem Sonnensystem.

Das Gesetz der Eindrücke kann nun folgendermaßen veranschaulicht werden: Wenn man ins elektrische Licht schaut, sieht man, daß ein Bild auf der Netzhaut des Auges hervorgerufen wird. Wenn man die Augen schließt, wird der leuchtende Lichtfaden, der durch einen Kohlestift in einer Glühlampe entstand, von uns im Auge gesehen, und wenn man das Auge geschlossen hält und angespannt beobachtet, kann man feststellen, daß das Bild öfters wiederkehrt; es bleibt einige Augenblicke, verschwindet dann genausolange und kommt wieder, es verändert sich dabei etwas, doch es ist immer das Bild des glühenden Fadens, bis schließlich der Punkt kommt, wo es verschwindet, offenbar weil andere Eindrücke es ausgewischt oder überdeckt haben.

Das bedeutet, daß es sogar in der Netzhaut des Auges zu einer Wiederholung des Eindrucks von diesem glühenden Faden kommt. Nach dem ersten Mal ändert sich jedesmal die Farbe und kommt in regelmäßigen Zeiträumen wieder zurück, woraus zu ersehen ist, daß es eine zyklische Rückkehr des Eindrucks in der Netzhaut gibt. Wenn dies aber in einem Falle zutrifft, dann trifft es in jedem Fall zu, und wenn wir unseren moralischen Charakter betrachten, so können wir dasselbe finden. So, wie wir die Gezeiten im Ozean haben - man sagt, sie ließen sich durch den Mond erklären, meiner Meinung nach werden sie dadurch nicht erklärt -, genauso haben wir im Menschen Gezeiten, die die Wiederkehr der Eindrücke genannt werden. Das heißt, wenn man etwas einmal tut, so besteht eine Neigung, es zu wiederholen. Wenn man es zweimal tut, dann wird der Einfluß verdoppelt, es entsteht eine stärkere Neigung, dasselbe wieder zu tun. Und so zeigt sich die ständige Wiederkehr zyklischer Eindrücke in unserer ganzen Persönlichkeit.

Wir empfangen diese Einwirkungen von jedem Punkt im Raum, von jeder Erfahrung, die wir gemacht haben, von allem, durch das wir möglicherweise irgendwann gehen, sogar durch die Erfahrungen, die unsere Vorväter gemacht haben. Und das ist aus dem Grunde nicht ungerecht, weil unsere Vorväter die Kette der Verkörperungsmöglichkeiten schufen und wir in diese Kette der Verkörperungsmöglichkeiten nicht eintreten können, wenn wir uns nicht auf der gleichen Ebene befinden, und daher müssen wir uns früher an einem Punkt in jenem Zyklus in derselben Kette bzw. Verkettung als Familie befunden haben. Daher muß ich früher dazu beigetragen haben, diese besondere familiäre Verkettung herbeizuführen, in der ich jetzt lebe und in der ich wieder einmal die zyklischen Eindrücke aufnehme, die auf mich zurückkehren.

Gerade das ist von allergrößter Tragweite für unsere Entwicklung als Einzelwesen. Eine Gelegenheit, etwas tun zu können, wird sich ergeben. Ergreift man sie nicht, dann kommt die Gelegenheit nicht wieder, in hundert Jahren nicht. Es kommt etwas Altes auf Dich zurück, was gut war, wenn es, zyklisch gesehen, gut ist. Versäumst Du es, was Dir niemand verwehren kann, beachte, daß dieselbe Gelegenheit zurückkommt, aber sie kommt vielleicht erst in einem anderen Leben zurück. Sie kommt jedoch unter demselben Gesetz wieder.

Nehmen wir einen anderen Fall. Ich habe einen Freund, der alles über eine psychische Veranlagung herausfinden möchte. Ich habe jedoch erkannt, daß er nicht im geringsten daran denkt, daß die Sinneswahrnehmungen, die er hervorruft, unvermeidlich zurückkehren und auf ihn einwirken. Ich bemerkte, daß er zeitweilig unter Depressionen leidet (und das gilt für jedermann), wenn ihn eine Verzagtheit überfällt, die er nicht erklären kann. Ich sagte zu ihm: "Sie haben wahrscheinlich dieselbe Verzagtheit vor sieben Wochen, vielleicht vor acht Wochen oder vor fünf Wochen gehabt?" Er zog sein Tagebuch und seine Erinnerung zu Rate und stellte fest, daß die Niedergeschlagenheit sich tatsächlich ungefähr in denselben Zeitabständen wiederholte. "Also", sagte ich, "das erklärt mir, wie sie sich wiederholt." "Aber was soll ich tun?" "Tun Sie, was uns die Alten lehrten, d. h. wir können nur gute Ergebnisse erreichen, indem wir Eindrücke erzeugen, die den schlechten Ergebnissen entgegengesetzt sind."

Was er bei der Wiederkehr eines üblen Einflusses hätte tun sollen, war folgendes: Er hätte sich zwingen müssen, fröhlich zu sein, auch gegen seinen Willen - und wenn ihm das nicht möglich gewesen wäre, dann hätte er versuchen müssen, die Freude anderer zu verspüren. Auf diese Weise würde er in sich einen anderen Einfluß, den der Freude einpflanzen, so daß, wenn diese Stimmung wiedergekommen wäre, sie, anstatt von gleicher Qualität und Intensität zu sein, durch den Eindruck der Freude oder der gehobenen Stimmung verändert worden wäre. Wenn diese beiden Eindrücke zusammenkommen, dann wirkt der eine dem anderen entgegen, wie zwei Billardkugeln, die zusammenstoßen, bestrebt sind, die Richtung der anderen zu verändern.

Das ist auch für die Zivilisation, von der wir selbst ein Teil sind, von Bedeutung. Nichts geht verloren. Wenn wir auf Aufzeichnungen, Gebäude und ähnliches angewiesen wären, würden diese naturgemäß bald verschwinden, und nichts könnte jemals wiederentdeckt werden; es würde niemals irgendeinen Fortschritt geben. Aber jedes Individuum in der Zivilisation, wo es sich auch befinden mag, prägt die Erinnerung sich selbst ein. Wenn es dann in entsprechend günstige Umstände versetzt wird, kommt der alte Eindruck wieder zum Vorschein. Die Alten sagten, jeder Handlung liegt ein Gedanke zugrunde, und jeder Gedanke hinterläßt einen geistigen Eindruck, und wenn die [Umgebung] richtig ist, dann wird sich diese neue Möglichkeit dem Rang, dem Ort und den Verhältnissen entsprechend entfalten. So bewahren wir in uns die Eindrücke aller Dinge, die wir getan haben, und wenn die Zeit kommt, nachdem wir immer wieder die Zyklen durchgangen sind, kommen wir schließlich körperlich und auch sonst in eine Umgebung, die es uns und den anderen, die nach uns kommen, ermöglicht, richtig zu handeln. Es ist natürlich richtig, wenn man zu einem Menschen sagt: "Handle recht!" Doch nach einer gewissen Zeit wird er sagen: "Warum soll ich recht handeln, wenn ich gar nicht will?" Wenn man ihm dann diese Gesetze erklärt, daß er in seinem Zyklus zurückkommen muß, daß er der Evolution unterworfen ist, daß er eine wiederverkörperte Pilgerseele ist, dann wird er den Grund dafür einsehen.

Das große Ziel und Ende ist die große Entsagung, d. h. daß man, nachdem man zu großen Höhen fortgeschritten ist, und das kann nur durch Selbstlosigkeit erreicht werden, sich dann sagt: "Ich habe die Möglichkeit, die große Ruhe, die mir zusteht, anzunehmen." Denn was für eines gilt, muß auch für anderes gelten. Doch man kann sich auch sagen: "Ich will es nicht annehmen, weil ich weiß, daß diese Welt und alle Menschen auf ihr gezwungen sind, noch viele tausend Jahre lang zu leben und weiterzubestehen - und wenn ihnen nicht geholfen wird, dann versagen sie vielleicht. Ich will es nicht annehmen, sondern ich will hierbleiben und ich will leiden, weil ich größeres Wissen und größeres Empfindungsvermögen habe." Das ist die große Entsagung.

Das ist es, was von Buddha und von Jesus berichtet wird. Zweifellos liegt der gesamten Geschichte von Jesus, die meines Erachtens historisch nicht bewiesen werden kann, dasselbe zugrunde, was wir Entsagung nennen. Jesus wurde, nachdem er zwei oder drei Jahre tätig war, gekreuzigt. Das bedeutet, daß dieses göttliche Wesen beschloß, sich in den Augen der Welt, in den Augen der anderen zu kreuzigen, um Menschen retten zu können. Buddha tat dasselbe, lange vor der Zeit, zu der Jesus geboren worden sein soll. Der Bericht von seiner großen Entsagung bedeutet einfach: statt diese, in unseren Augen schreckliche Welt zu verlassen, blieb er hier und verkündete seine Lehre, von der er wußte, daß zumindest einige ihr anhängen würden. Aber diese große Lehre der Entsagung lehrt, daß man, anstatt für sich selbst zu arbeiten, alles tun wird, um besseres Wissen zu erlangen, und alles, was in unserer Macht liegt, für diejenigen tut, die sonst vielleicht zurückbleiben.

Diese wiederbelebten alten Lehren geben für alle Probleme eine Erklärung und geben dem Menschen im universalen Plan die Möglichkeit, sich zu einer Gottheit zu entwickeln.